Der Impfstoff, eine gute Nachricht für Europa und ein weltweites Problem

Noch in der vergangenen Woche habe ich in diesem Blog mit großer Skepsis darüber nachgedacht, warum wir eine mögliche Impfung herbeisehnen. Sie ist die „technische Lösung“ des Problems der Pandemie, das heißt, sie erfordert sehr geringe Veränderungen im gesellschaftlichen Abläufen und Strukturen und  in dem eigenen Verhalten. Skeptisch war ich, weil das Ersehnte nicht nur deshalb, weil es ersehnt wird, auch schon eintritt. Nun, wenige Tage später, scheint nun aber ein Impfstoff der Unternehmen Biontech/Pfizer zum Greifen nah zu sein! Das ist eine sehr gute Nachricht!

Technische Lösungen haben Nebenwirkungen

Allerdings haben auch technische Lösungen Nebenwirkungen.  Denn zugleich stellt sich ein gravierendes, ein riesiges Problem: Das Problem der Verteilungsgerechtigkeit. Denn der Impfstoff muss für die ganze Welt in ausreichender Menge produziert werden. Es geht dabei nicht nur um die Verteilung an sich, die auf längere Sicht möglich sein wird. Es geht vor allem auch um den Zeitfaktor, denn die Pandemie wütet in vielen Ländern und alle ersehnen ein Ende. Das Problem wird auch nicht dadurch behoben, dass einige weitere Kandidaten für Impfstoffe sich in der Erprobungsphase III befinden. Denn auch mehrere Pharmaunternehmen werden Schwierigkeiten haben, die Produktion so großer Mengen von Impfstoff bereit zu stellen.  Die Verteilung wird also zwangsläufig dauern, möglicherweise viele Monate. Ein weiterer Faktor sind die Verteilungswege, es müssen Infrastrukturen aufgebaut werden, die die Impfungen fachgerecht durchführen können. Auch das ist eine große logistische Herausforderung, die die bestehenden Gesundheitssysteme vieler Länder nicht noch nebenher erledigen können. Auch hier haben jene Länder einen Vorteil, die über ein besser ausgestattetes Gesundheitssystem verfügen. Technische Lösungen setzen Infrastrukturen voraus. Wenn die nicht gegeben sind, ist auch eine technische Lösung gefährdet.

Das Problem der Zeit

Es also entstehen unausweichliche Verzögerungen: Die einen bekommen den Impfstoff schnell, die anderen müssen noch warten. Doch sind auch schon einige Monate in einer Pandemie eine sehr lange Zeit – in Deutschland ist sie erst seit etwa 8 Monaten! Man stelle sich vor, der Impfstoff sei von Beginn an verfügbar gewesen, aber erst nach 8 Monaten in Deutschland eingesetzt worden! Diese Differenz mehrerer Monate wären nicht nur für die Menschen deshalb schlecht, weil sie weiterhin in einem mehr oder minder starkem Lockdown mit dem ständigen Risiko der Ansteckung leben müssen, sondern weil sie zugleich Bilder aus Ländern sehen können, in denen schon geimpft wird und die die Befreiung von dem Virus feiern können!

Die gute Nachricht für Europa

Es wird weltweite Verteilungsschwierigkeiten geben. Dennoch ist es eine gute Nachricht, die gestern aus Brüssel kam. Die EU hat mit ihrer Verhandlungsmacht bei den Herstellern Biontech und Pfizer mindestens 300 Mio. Impfdosen vorbestellt. Dies ist eine gute Nachricht für die Menschen in Europa, es ist aber auch eine gute Nachricht für Europa! Das erste Mal seit dem Beginn der Pandemie zog nicht der nationale Reflex. Der war ja zu Beginn der Pandemie zu beobachten. Jede Regierung verfügte über eigene Maßnahmen.

Es wäre extrem schwierig geworden, hätten hier die Mitgliedsländer der EU eigenständig agiert. Das geschah im Verlauf der Corona Pandemie ja schon mehrfach. Erst ging es um Masken, dann um Reisefreiheit, dann um die Bettenkapazitäten in den Krankenhäusern. In all diesen Fragen stand nicht Europa im Vordergrund, sondern die jeweilige nationale Einheit. Das hätte nun wieder passieren können: Deutschland etwa hätte aufgrund seiner geringen Verschuldung einfach etwas mehr bieten können als andere Länder. Ein destruktiver Wettbewerb hätte stattfinden können, der der europäischen Idee großen Schaden zugefügt hätte. Das ist nun abgewendet. Und das ist eine gute Nachricht.

Das Problem im weltweiten Maßstab

Was aber geschieht im weltweiten Maßstab? Hier zeigt sich wiederum, wie gut es wäre, wenn die Vereinten Nationen und damit auch die Weltgesundheitsorganisation, die WHO, besser aufgestellt und mit mehr Befugnissen ausgestattet wäre! Leider findet darüber hierzulande in der Öffentlichkeit kaum eine Debatte statt. Auch die Kürzungen unter der Trump-Regierungen sind nur zur Kenntnis genommen worden. Wenn der Eindruck nicht täuscht, waren es nicht die Europäer, die in die Bresche gesprungen sind, sondern China. Um eine Stärkung der UN wird in the long run kein Weg vorbeiführen!

Autor: Frank Vogelsang

Ingenieur und Theologe, Direktor der Evangelischen Akademie im Rheinland, Themenschwerpunkt: Naturwissenschaften und Theologie

Ein Gedanke zu „Der Impfstoff, eine gute Nachricht für Europa und ein weltweites Problem“

  1. Lieber Frank
    Warum nicht den theologischen Impfstoff gegen ein biologisches Virus nutzen?
    Kann es sein, dass wir den heiligen Geist völlig unterschätzen aufgrund wissenschaftlicher Fortschrittsgläubigkeit?
    Sind nicht alle unendlichen Strukturen den Endlichen völlig überlegen, besonders in der Nachhaltigkeit?
    Nur ein paar anregende Fragen, die es Wert sind, dass man ihnen Raum und Zeit gibt.

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