Weil ich es mir verdient habe! Rezension des Buches „Vom Ende des Gemeinwohls“ von Michael Sandel

Der amerikanische Philosoph Michael Sandel hat in seinem neuen Buch „Vom Ende des Gemeinwohl. Wie die Leistungsgesellschaft unsere Demokratie zerreißt“ (S.Fischer Verlag 2020) auf packende Weise den gegenwärtigen Zustand der amerikanischen Gesellschaft diagnostiziert als eine Gesellschaft, die den Leistungsgedanken in den Mittelpunkt stellt. Er gebraucht für den Zustand den Begriff der „Meritokratie“.

Die meritokratische Ideologie und ihre Folgen

Eine Meritokratie ist eine Gesellschaft, in der die Leistung des Einzelnen in den Mittelpunkt gestellt wird, in der sich der gesellschaftliche Rang allein nach der Leistung ermittelt (meritus – würdig, verdient).  In einer solchen Gesellschaft haben die viel, die viel leisten und umgekehrt, die wenig, die wenig leisten.  Hier mag man stutzen: Welche Gesellschaft ist schon allein nach Leistung strukturiert? Es ist doch offenkundig, dass es in jeder gegenwärtigen Gesellschaft Reiche gibt, die wenig leisten und Arme, die viel leisten. Das ist auch Sandel klar, er selbst bietet dafür immer wieder Hinweise. Ihm geht es aber um die Vorstellung und die Behauptung, man lebe in einer leistungsorientierten, in einer meritokratischen Gesellschaft. Diese Vorstellung, ja man kann sagen, diese Ideologie selbst hat aber gravierende gesellschaftliche Folgen. Sandel zeigt das anhand genauer Analysen der US-amerikanischen Gesellschaft.

Die Vorstellung, dass es allein auf die Leistung der Einzelnen ankomme, dass der gesellschaftliche Erfolg, dass Einkommen und Wohlstand sich nach der Leistung des Einzelnen auszurichten haben, führt nach Sandel, kurz gesagt, zur Zerrüttung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, zu einer Auflösung des Gemeinwohl-Gedankens. In den USA ermöglichte die meritokratische Ideologie seiner Ansicht nach 2016 den Wahlerfolg von Donald Trump. Dies galt vor vier Jahren, ob es immer noch gilt? Dass das Buch jetzt erscheint, kurz vor der Wahl 2020, ist wohl kein Zufall.

Der Wandel zu einer „meritokratischen“ Gesellschaft

Sandel ist Hochschullehrer in Havard und so wurde er auf einen gravierenden Wandel in der Gesellschaft auch dadurch aufmerksam, dass seine Studierenden in den letzten Jahrzehnten immer mehr dazu neigten, die Auszeichnung, an einer Ivy League Universität wie Harvard studieren zu können, ihrer eigenen Leistungsfähigkeit zuzuschreiben. Tatsächlich, so zeigt der Autor, ist der Zugang zu den Spitzenuniversitäten aber mehr denn je von dem Vermögen der Eltern abhängig.

In der Betonung der eigenen Leistung zeigt sich der Mainstream der  amerikanischen Gesellschaft, die in den letzten 4 Jahrzehnten die Orientierung an Leistung in den Mittelpunkt ihres Selbstverständnisses gestellt hat. Die Studierenden interpretieren ihre Position in der Gesellschaft nur so, wie es der Zeitgeist nahe legt. Entstanden ist dieser Zeitgeist vor allem durch die neoliberale Wende von Ronald Reagan in den 80er Jahren. Aber erst die Fortsetzung der dort angelegten Grundgedanken durch die Spitzenvertreter der demokratischen Partei, durch Bill und Hilary Clinton und Barack Obama hat den Gedanken hegemonial werden lassen.

Hier zeigt sich ein zentrales Ziel der Argumentation von Sandel. Er hält der Elite der Demokratischen Partei den Spiegel vor und konfrontiert sie mit der Erkenntnis, dass sie selbst einen erheblichen Beitrag dazu geleistet haben, dass ein Präsident wie Trump möglich werden konnte. Es sei zu leicht, sich über Trump zu empören, ohne zu berücksichtigen, welchen Anteil man selbst an der gesellschaftlichen Situation hat, die Trump möglich machte.

Aspekte der meritokratischen Ideologie

Sandel untersucht im Detail viele Aspekte der meritokratischen Idee. Da ist etwa der Umgang mit gesellschaftlicher Ungleichheit. Aus meritokratischer Perspektive gibt es eine einfache Antwort: Gesellschaftliche Ungleichheit existiert, weil die einen mehr leisten, die anderen weniger. Nun mag man einwerfen, dass kaum jemand einer solchen plakativen Aussage zustimmt. Doch Sandel zeigt, dass es viele öffentliche Aussagen gerade auch von Repräsentantinnen und Repräsentanten der Demokratischen Partei gibt, die die meritokratische Einstellung durchscheinen lassen. Nur ein Beispiel: Hilary Clinton hat ihre Niederlage 2016 etwa dadurch zu interpretieren und zu relativieren versucht, dass sie von jenen Menschen gewählt worden sei, die 80 % des BIP der USA zu verantworten haben. Eine solche Aussage ist aus meritokratischer Sicht folgerichtig, aber aus demokratietheoretischer Sicht desaströs, denn sie hinterfragt das Prinzip der Demokratie, dass jede Stimme gleichviel zählt. Hier gilt eben nicht das Leistungsprinzip.

Besonders verheerend aber sind meritokratische Interpretationen der  Ungleichkeit für jene, die am Rande der Gesellschaft stehen. Sie werden durch die Zuschreibung in ihrer ohnehin schwierigen Lage zusätzlich gedemütigt. Zwar geht es in den seltensten Fällen direkt um sie, die meritokratischen Aussagen konzentrieren sich ja immer wieder um das Verhältnis von Leistung und Verdienst. Doch hat dieser Zusammenhang unweigerlich auch eine negative Wertung: Wer arm ist, ist es selbst schuld, denn wer hart arbeitet, kann auch etwas erreichen.

Zentral für die meritokratische Ideologie ist das Bildungssystem. Nicht von ungefähr beginnt Sandel seine Beobachtungen im universitären Alltag und er kommt immer wieder auf die Bildungschancen zurück. Bildung scheint doch der Ausweg aus der Falle der Ungleichheit zu sein. Sozialdemokratischen Verfechter einer meritokratischer Einstellung wie Clinton, Blair und Schröder haben deshalb auch immer wieder die Bedeutung von Bildung betont. Allerdings, so Sandel, sind die Zugänge zum Bildungssystem noch nicht einmal vorrangig von der Leistung der Einzelnen abhängig. Der soziale Status der Eltern hat einen erheblichen Einfluss. Zudem fördert die Konzentration auf die Bildung die Vorstellung von Konkurrenz auf dem Ausbildungsmarkt, der Kampf um begehrte Studienplätze wird immer härter.

Das gesellschaftliche System, das am leichtesten mit dem meritokratischen Grundgedanken verbunden werden kann, ist das Wirtschaftssystem. Am Markt setzen sich die Leistungsfähigen durch, so die herrschende Vorstellung. Doch was genau leisten jene Banker, die zu den Spitzengruppen der Verdiener gehören und die mit Finanzderivaten handeln, fragt Sandel. Wenn Arbeit nach Leistung bezahlt wird, was genau macht dann Leistung aus? Man braucht nur in Deutschland auf die Diskussion um die schlecht bezahlten Pflegeberufe zu blicken, um zu erkennen, wie sehr die Annahme einer leistungsbezogenen Bezahlung ideologisch ist.

Auswege

Was führt nun heraus aus diesem gesellschaftlichen Zustand, in den wir vor etwa 4 Jahrzehnten eingetreten sind? Sandel plädiert dafür die Arbeit in der Gesellschaf neu zu gewichten. Jede Arbeit muss in der Lage sein, ein Leben in Würde und Anerkennung in der Gesellschaft zu garantieren. Der Autor plädiert nicht für eine absolute Gleichheit, aber doch für ein Mindestmaß an Einkommen für alle. Hierin sieht er eine Quelle für sozialen Zusammenhalt und Solidarität. Die Einkommensarten müssen wieder anders gewichtet werden: Die Arbeit sollte geringer besteuert werden, die Finanzeinkünfte dagegen wesentlich stärker.

Soziale Verbundenheit statt Meritokratie

Die Stärke des Buches von Sandel liegt in der Aufdeckung einer heute verbreiteten Ideologie. Die Beschreibung der Meritokratie lässt sich mit den beiden zentralen Eigenschaften der gesellschaftlich herrschenden Vorstellungen in Beziehung setzen, die ich in „Soziale Verbundenheit“ beschrieben habe: Individualismus und Konzentration auf die gegenwärtigen Systeme, vor allem dem Markt. Die Meritokratie setzt das Individuum in den Mittelpunkt: Nicht Gruppen oder Gemeinschaften leisten etwas, es ist der Einzelne auf den es ankommt. Das Individuum soll sich frei entfalten und dann auch angemessen entlohnt werden. Doch wer so denkt, setzt alle Formen der sozialen Verbundenheit aufs Spiel. Das ungehemmte Leistungsdenken konzentriert alles auf das Individuum und vernachlässigt völlig all jene sozialen und kulturellen Ressourcen, von denen das Individuum lebt. Sandel geht auch auf die Bedeutung der Kultur ein: Von der Werbung bis zu Kochrezepten, überall spiegeln sich in der heutigen Gesellschaft meritokratische Formeln („Ich bin es mir selbst wert“). Es ist eine politische, eine wirtschaftliche, aber auch eine kulturelle Alternative vonnöten, um den meritokratischen Gedanken zu wehren. Das fängt auch bei einer Relativierung der Alleinstellung des Individuums an und der Suche nach neuen, zukunftsweisenden Formen sozialer Verbundenheit.

Künstliche Intelligenz – auf dem Weg zu einem neuen Menschen?

Der Umgang mit digitalen Daten ist heute im Alltag nahezu unausweichlich: Wer ein Auto fährt, nutzt ein Navigationssystem. Wer Informationen zu einem beliebigen Thema erhalten möchte, nutzt die Funktionen der stets zugänglichen Suchmaschinen oder „schlägt“ bei Wikipedia „nach“. Telefonate, Fotografien und Filme, schriftliche Notizen: alles geschieht fast ausschließlich mit Hilfe digitaler Technologien. Durch die alltäglichen Aktivitäten entsteht weltweit eine unglaublich große Menge an Daten.

Wer beherrscht die moderne Datenflut?

Wer kann mit dieser schier unübersehbaren Menge von Daten umgehen? Menschen sind dazu nicht mehr in der Lage. Aber es gibt immer bessere Computerprogramme, die so schnell lernen wie neue Datensätze entstehen. Diese Computerprogramme haben hochspezialisierte Fähigkeiten, in denen sie den Menschen weit überlegen sind. Ist all das der Anfang vom Ende des Menschen? Werden künstliche Intelligenzen irgendwann die Herrschaft übernehmen, beherrschen uns dann Algorithmen, ja sind wir Menschen dann nur noch Algorithmen und vielen anderen, wie etwa der Erfolgsautor Noah Yuval Harari mutmaßt? Entsteht ein neues Wesen, eine künstliche Intelligenz, die für den Menschen selbst eine Bedrohung darstellt oder ihn in ganz neue Zeiten führt?

Der alte Traum vom künstlichen Menschen

Der Traum, dass der Mensch in der Lage sei, menschenähnliche Wesen zu schaffen, ist schon alt: Nach einer Sage soll der bekannte Rabbi Löw im 16. Jahrhundert in Prag mit kabbalistischer Kunst einen Golem, ein menschenähnliches Wesen aus Lehm geschaffen haben. Hier wird dem bekannten Gelehrten also eine gottähnliche Fähigkeit zugesprochen. Das Wesen wird, nachdem es seinen Zweck erfüllt hat, wieder zerstört. Im 18. Jahrhundert macht ein Automat, ein schachspielender Türke Furore. Allein aus mechanischen Elementen soll er menschliche Spieler schlagen. Natürlich war dies ein Betrug, ein versteckter Mensch in der Apparatur musste nachhelfen. Anfang des 19. Jahrhunderts hat Mary Shelley die Geschichte von Frankenstein erfunden, hier ging die Schöpfung schon neben alchemistischen Künsten auch mit den damals bekannten Naturwissenschaften vonstatten. Im 20. Jahrhundert schließlich wächst in der Science Fiction Literatur mit zunehmenden technischen Fähigkeiten auch die Zahl der künstlichen, von Menschen geschaffenen Wesen. So bevölkern Menschen-Maschine Mischwesen, die Cyborgs Romane und Filme. In dem Film „2001 Odyssee im Weltraum“ kämpft der Computer HAL gegen die Astronauten eines intergalaktischen Raumschiffes.

Die rasante technologische Entwicklung der letzten Jahrzehnte

Auch wenn man weltanschauliche Erwartungen oder Befürchtungen relativieren muss, so ist dennoch richtig, dass die Entwicklung der Technik in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht hat. Maschinen erwerben eine immer komplexere Intelligenz und Roboter gewinnen immer mehr Freiheitsgrade in der Bewegung. Der Rechner Deep Blue von IBM hat 1997 den Weltmeister Kasparov im Schachspiel geschlagen, das Programm  Watson von IBM hat es 2011 geschafft, ein komplexes Wissensspiel, „Jeopardy“ im Fernsehen gegen gut gebildete Menschen zu gewinnen, das Programm AlphaGo von Google hat es 2016 geschafft, den weltbesten Go Spieler zu schlagen.

Allein diese Erfolge sind schon aufsehenerregend. Fundamental neu ist dabei zudem die Technik, die AlphaGo verwendet. Anders als in den vorigen Maschinen wird nun nicht mehr ein Programm Schritt für Schritt vorgedacht und abgearbeitet, sondern die Maschine „programmiert sich selbst“, indem sie mit immer neuen Daten gefüttert wird, die sie analysiert und daraus weitere Schritte abgeleitet werden. Die Technik, die hier verwendet wird, nennt sich „neuronales Programmieren“. Programmeinheiten des Rechners simulieren Neuronen, die zu einem Gitter verbunden werden. Diese Gitter werden über mehrere Ebenen gestapelt, die „Neuronen“ sind miteinander verkoppelt. Ihre Verbindungen zueinander gestalten sie wie biologische Neuronen durch Rückkoppelungsprozesse, Erfolge stärken bestehende Verbindungen, Misserfolge schwächen bestehende Verbindungen oderstärken alternative Wege. Die Technik, die neuronalen Netze zu gestalten nennt sich Deep Learning, der Begriff des „Lernens“ wird hier vom Menschen auf Maschinen übertragen. Das radikal Neue ist nun, das Maschinen mit solchen Netzwerken, die viele Millionen Mal gegen sich selbst Go oder Schach gespielt haben, was in kurzer Zeit möglich ist, eine Kombinationsfähigkeit besitzen, die auch für Programmierer nicht mehr nachvollziehbar ist. Das unterscheidet sie von Maschinen, die wie die klassischen Computer Rechenoperationen Schritt für Schritt nachvollziehbar abarbeiten. So hat AlphaGo in den Partien Züge gewählt, die alle menschlichen Spieler erstaunten und die doch letztlich zum Erfolg führten. Hier wird der Computer zu einer Blackbox, die in gewisser Weise ein eigenes, unvorhergesehenes Verhalten entwickeln kann, ähnlich wie die Geschöpfe aus dem Science Fiction.

Thesen zur Diskussion: Ist ein Künstlicher Mensch, ein transhumanes Wesen zu erwarten?

Was gilt nun: Reden wir von einem alten Traum unserer Kultur, den man getrost illusionär nennen kann oder stehen wir durch die digitalen Technologien vor der Erfüllung dieses Traums? Hier sind fünf Thesen, die auch die Grundlage für eine Debatte um KI am 17. September 2020 in der Kreuzeskirche in Essen gewesen sind.

(Die Thesen des Gesprächspartners Helmut Fink, Akademie für säkularen Humanismus, finden sich hier)

(Vorbemerkung: Die folgenden Thesen beziehen Intelligenz auf „Maschinen“. Entscheidend für intelligente Fähigkeiten sind natürlich eher die Programme und Programmarchitekturen, die auf Maschinen laufen. Beide können nicht aufeinander reduziert werden. Jedoch ist es immer das Aggregat, also eine Maschine, ein Computers, ein Roboters oder ein Netzwerke dieser Einheiten, auf den und die sich die Zuschreibung von Intelligenz bezieht. Der allgemeinste Begriff ist der der Maschine. So ist ja auch von einer Von-Neumann-Maschine die Rede.)

1. These

Menschen werden sich dauerhaft von Maschinen unterscheiden. Das wichtigste Kriterium: Menschen finden sich immer schon vor, sind Teil einer menschlichen Umgebung und entwickeln sich von dort aus. Maschinen werden von Menschen, nicht von Maschinen gemacht. Ihre Entwicklung wird von ebenso von Menschen, nicht von Maschinen geplant. Theologisch lässt sich das deuten als die Unterscheidung des Schöpfungshandelns Gottes und des Gestaltungshandelns des Menschen. So wie die Menschen nicht die Ebene Gottes erreichen können, so Maschinen nicht die Ebene des Menschen.

2. These

Die Intelligenz von Maschinen ist in allen Realisierungen bislang streng begrenzt und auf bestimmte Leistungen fokussiert. In den begrenzten Spezifikationen haben Maschinen leicht übermenschliche Fähigkeiten. Dies gilt schon für einen konventionellen Taschenrechner, der schneller und exakter multiplizieren kann als jeder Mensch. Den Menschen zeichnet dagegen eine generalisierte Intelligenz aus. Er kann rechnen, Fahrrad fahren, jonglieren, malen, musizieren und in vielfältigster Weise kommunizieren. Die Intelligenz ist sowohl kognitiv wie auch emotional, beide Seiten lassen sich nicht trennen. Damit ist die generalisierte Intelligenz eine Eigenschaft des Leibes. Bislang gibt noch nicht einmal in Ansätzen eine Definition für diese allgemeine Intelligenz.

3. These

Entscheidend für ein Verständnis des Menschen ist, dass er nicht in Einzahl existiert. Es kann also nicht ein Mensch mit einer Maschine verglichen werden, da ansonsten entscheidende Eigenschaften des Menschen aus dem Blick gerieten. Menschen leben in Verbundenheit. Kultur und das, was man traditionell den „Geist“ oder die „Vernunft“ nennt, sind Produkte von Kollektiven. Man kann menschliche Verbundenheit als eine nahezu unendliche Überlagerung von kommunikativen Rückkopplungen beschreiben.

4. These

Der Anthropologe Michael Tomasello beschreibt die menschliche Verbundenheit auch als geteilte Intentionalität: Zwei Menschen können sich auf etwas Drittes beziehen und wissen, dass sie sich beide auf etwas Drittes beziehen. Diese Eigenschaft ist schon bei Menschenaffen in ihrem Verhalten nicht zu entdecken. Diese unscheinbare Fähigkeit ist aber die Wiege der menschlichen Kultur. Sie schweißt die Menschen auf der kognitiven Ebene zusammen, etwas, was sich im Tierreich nicht findet. Noch weniger ist es bei Maschinen zu erwarten: Es ist völlig unklar, was eine Maschine leisten muss, so dass man ihr Intentionalität zuschreiben kann.

5. These

Mit der Intentionalität hängen mehrere grundlegende menschliche Vermögen zusammen. Ein Mensch kann einem anderen vertrauen. Das bedeutet aber auch, dass man sich täuschen kann, dass Vertrauen gebrochen werden kann. Kann eine Maschine Vertrauen brechen oder verhält sie sich nicht einfach nur anders als erwartet? Kann eine Maschine ein Versprechen abgeben? Ist das mehr als eine Prognose?