Fragen zu Lützerath

Die Demonstration heute (Samstag, 14.2.) in der Nähe von Lützerath führt allen vor Augen, wie dramatisch die Auseinandersetzung um den noch benötigten Umfang des Braunkohleabbaus ist. Lützerath ist ein Symbol geworden für die Auseinandersetzung um die zukünftige Energieversorgung.

Die Eckpunktevereinbarung mit RWE

Im Mittelpunkt steht die Eckpunktevereinbarung, die Bundesregierung und Landesregierung NRW mit der RWE Konzern Mitte des Jahres geschlossen haben. Diese Vereinbarung sollte eigentlich eine positive Botschaft aussenden: In NRW soll der Ausstieg aus der Braunkohleförderung um 8 Jahre von 2038 auf 2030 vorgezogen werden. Die Vereinbarung beinhaltet eine Rechnung, wie ein vorzeitiger Ausstieg gelingen kann. Hierbei hat das so genannten Osterpaket der Bundesregierung von 2022 eine große Bedeutung, das den konsequenten Ausbau von regenerativen Energien vorsieht. Nur wenn dieser Ausbau geschieht, dann ist es möglich, den Ausstieg aus der Braunkohle um 8 Jahre vorzuziehen.

Die Kritik an der Vereinbarung

Nun steht die Vereinbarung mit dem RWE Konzern im Mittelpunkt der Proteste in Lützerath. Kritische Stimmen wie die des BUND und andere stellen alternative Rechnungen an, die einen viel schnelleren Ausstieg aus der Braunkohleförderung als möglich ansehen. Die Demonstrierenden fordern deshalb eine Revision der Vereinbarung und einen früheren Ausstieg.

Warum der Protest um die Vereinbarung?

Aber ist der skizzierte Streitpunkt aber wirklich so relevant wie es die dramatischen Bilder nahe legen? Stellt er nicht eher einen Nebenschauplatz dar? Es geht doch im Kern um die Bekämpfung des Klimawandels, um die Reduktion von CO2 Emissionen. Diese Reduktion wird möglich, indem klimaschädliche Energiequellen wie die Braunkohle, aber auch Schwarzkohle, Öl und Gas, so schnell als möglich reduziert werden. Das ist unstrittig.

Die Auseinandersetzung, die unsere Zukunft entscheidet

Die eigentlichen Felder der Auseinandersetzung, um dieses Ziel zu erreichen, sind genau zwei: Einerseits muss alles getan werden, um den Ausbau regenerativer Energien voranzutreiben. Andererseits muss alles getan werden, um den Energieverbrauch zu reduzieren. Von diesen beiden Seiten kann der Verbrauch klimaschädlicher Energiequellen und die Produktion von CO2 reduziert werden.

Szenario 2028

Nun nehmen wir einmal in der besten aller Welten an, es wäre möglich weit mehr und schneller als im Osterplan der Bundesregierung vorgesehen regenerative Energiequellen zu erschließen. Und nehmen wir an, es gelänge wirklich, unseren Energieverbrauch in der kommenden Zeit stark zu senken. Dann könnten wir vielleicht im Jahr 2028 feststellen, dass für die Energieversorgung in Deutschland Braunkohle nicht länger notwendig ist. Wer glaubt, angesichts der bis dahin weiter voranschreitenden Belastungen durch den Klimawandel, dass eine Bundesregierung dann für die Verfeuerung von Braunkohle eintritt, nur weil es in einer Vereinbarung von 2022 festgehalten ist?

Hindert die Vereinbarung den Ausbau regenerativer Energien? Das wäre vielleicht denkbar, wenn billige Braunkohle den Ausbau bremst. Hier müssen die Instrumente wie CO2 Besteuerung viel stärker zum Zugen kommen als bislang geplant. Dann steigen die Preise für Braunkohle und werden wirtschaftlich unrentabel, auch für RWE.

Was ist eine Vereinbarung?

Vereinbarungen und Verträge kann man bekanntlich kündigen. Ja, dann würde RWE klagen und müsste entschädigt werden. Dadurch entsteht ein Schaden. Deshalb sollte RWE nicht durch unbedachte Verträge in eine zu gute Position versetzt werden. Aber es ist ein finanzieller Schaden, keiner der den Klimawandel betrifft. Solche Entschädigungen sind immer wieder vorgekommen. Etwa auch beim vorgezogenen Atomausstieg. Nach der Katastrophe von Fukushima wurde der Ausstieg in kürzester Zeit politisch durchgesetzt. Die Firma UNIPER hat in kürzester Zeit ihr Geschäftsfeld durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine verloren. Dann ist der Staat eingetreten. Die Interventionen des Staates in privatwirtschaftliche Verhältnisse sind seit 2020 sehr zahlreich. Das alles ist teuer, aber nicht unmöglich. Die Diskussion im Jahr 2028 um den Klimaschutz wird noch viel heftiger sein als heute. Welche politische Partei würde es durchsetzen, wegen alter Verträge der Allgemeinheit massiven Schaden zuzufügen?

Deshalb ist die Konzentration auf den Vereinbarung mit dem Konzern RWE sehr fragwürdig, weil sie von den eigentlichen Feldern der Auseinandersetzung ablenkt: Der Ausbau regenerativer Energien und die Einsparung beim Energieverbrauch. Das und nur das reduziert CO2 Emissionen. Hier entscheidet sich, wie die Zukunft aussieht. Hier muss mobilisiert und müssen alle Kräfte konzentriert werden. Der Klimawandel schreitet voran, die Maßnahmen werden immer dringlicher.

Klimawandel: Aufregung wegen 16 Cent, ernsthaft?

Die gesellschaftliche Debatte um eine künftige Klimapolitik nimmt immer fragwürdigere Formen an. Es zeichnet sich eine schon länger existierende, hoch problematische Parallelentwicklung des öffentlichen Bewusstseins ab.

Der Ernst der Lage

Da ist zum einen die Rede von der drohenden Katastrophe wegen einer irreversiblen Erhöhung der durchschnittlichen Temperatur der Erdatmosphäre mit all denen damit einhergehenden negativen Folgen für Umwelt, Tiere, Menschen. Spätestens mit dem Auftreten von Greta Thunberg gibt es eine breite öffentliche Unterstützung der Warnungen vor einer Klimakatastrophe. „I want you to panic“ – dieser Slogan von Greta Thunberg hat viele Menschen erreicht und bewegt. Seit 2019 ist in schneller Folge Unerhörtes geschehen. Die großen Automobilkonzerne vollziehen einen scharfen Schwenk in Richtung E-Mobility. Die Bundesregierung verabschiedet ein Klimaschutzgesetz, dessen mittelfristiges Ziel von 55% CO2 Reduktion bis 2030 in diesem Jahr noch einmal deutlich verschärft wird auf 65%. Die Europäische Union fordert ebenfalls EU-weit eine Reduktion von 55% CO2 bis 2030. Das Bundesverfassungsgericht rügt dennoch die bisherigen Pläne, weil sie nicht konkret genug seien und künftigen Generationen zu viel Lasten übertragen und somit ihre Freiheit beschneiden. Weitere Gerichtsurteile wie das in den Niederlanden folgten. All dies zusammen sind weitreichende Entscheidungen, die die künftige Politik erheblich unter Zugzwang setzen. Und doch finden diese Entscheidungen eine breite Zustimmung in der Bevölkerung. Diese Zustimmung geht weit über das Potenzial der Wählerinnen und Wähler der Grünen hinaus. Auch sind künftige Bundesregierungen durch die Vorgaben gebunden, unabhängig davon, welche Parteien regieren.

Weitreichende Maßnahmen sind notwendig

Einige Studien sind in letzter Zeit der Öffentlichkeit vorgestellt worden, die Skizzen für eine künftige Klimapolitik entwerfen, etwa die Agora- Studie Klimaneutrales Deutschland 2045 oder die Studien der internationalen Energieagentur NetZero by 2050. Diese Studien zeigen deutlich, dass erhebliche Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Ziele zu erreichen. Für Deutschland bedeuten die bisherigen Beschlüsse, dass die Höhe der CO2 Einsparungen von 1990 bis 2019 in gleicher Höhe bis 2030 erreicht werden soll. Das bedeutet eine Verdreifachung (!) der Geschwindigkeit der Einsparungen. Wenn man bedenkt, das in den ersten Jahren die Einsparungen recht einfach waren, weil alte Industrieanlagen der DDR geschlossen oder modernisiert wurden und leichte Effizienzsteigerungen längst durchgeführt worden sind, dann kann man ermessen, welche Aufgabe in den nächsten 10 Jahren bewältigt werden muss.

Aber kann der Alltag nicht einfach weiter gehen?

Bislang ist das gesellschaftliche und alltägliche Leben von den Einsparungen kaum tangiert worden. Im Gegenteil: Die Flüge wurden zahlreicher, die Autos schwerer. Die Reduktionen erfolgten meist technischer Art. Die Effizienz der Energieproduktion und der -nutzung wurde verbessert, alte Technologien wurden ausgemustert, die Erschließung erneuerbarer Energien wurde ausgebaut. Auf diesem Weg werden wir weitergehen müssen. Doch es wird bei weitem nicht reichen, allein auf technische Lösungen zu setzen.

Dieser Widerspruch ist politischer Sprengstoff – die 16 Cent als Beispiel

Und hier kommt ein eklatantes politisches Problem ins Spiel. Denn so sehr es eine große allgemeine Unterstützung der Klimaziele gibt, so wenig ist die Bereitschaft ausgeprägt, auch die eigenen Erwartungen und Formen des Lebenswandels auf den Prüfstand zu stellen. Irritierend ist zu beobachten, dass aktuell schon kleinere Veränderungen große Empörungswellen schlagen. 16 Cent mehr für den Liter Benzin? Das ist sogar noch innerhalb der Marktpreis-Schwankungen der letzten Jahre! Und doch die Empörung. Es geht mir hier, um es deutlich zu sagen, nicht um die Frage des sozialen Ausgleichs. Der muss sein, Veränderungen allein zu Lasten der ärmeren Bevölkerung und die Möglichkeit reicher Menschen, sich von denen Einschränkungen freizukaufen, wäre unerträglich. Und doch müssen sich wohl alle in ihren Erwartungen und in ihrem Verhalten ändern, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen. Da sind nach Lage der Dinge, erhebliche politische Konflikte vorprogrammiert.

Kurz: Alles soll so weitergehen wie bisher, nur mit wenigen CO2 Ausstoß! Das aber wird nicht funktionieren. Es ist wichtig, sich noch einmal die Größe des Vorhabens vor Augen zu führen: Energie ist die Existenzgrundlage jeder menschlichen Gesellschaft. Vor 200 Jahren begann das fossile Zeitalter mit all den Folgen, die wir jetzt erahnen. 10000 Jahre vorher in den agrarischen Kulturen ist in Sachen Energiequellen nichts wesentlich Neues geschehen. Die Technologien des fossilen Zeitalters verstärkten etwa auch die Individualisierung, von der hier im Blog viel die Rede ist. Es ist naheliegend, dass in einer postfossilen Welt Formen sozialer und ökologischer Verbundenheit stärker in den Mittelpunkt rücken. Aber dazu gibt es allerhöchstens kleinere Versuche und Ansätze.

Das fossile Zeitalter soll nun in kürzester Zeit, in wenigen Jahren beendet werden und alles soll so weiterlaufen wie bisher? Die künftige Politik hat sich mit den Klimazielen physikalische Grenzen auferlegt. Diese lassen sich nicht allein mit einer richtigen Gesinnung erreichen. Die Folgen werden uns alle betreffen.

Klimapolitik ist eine riesige kulturelle Herausforderung

Unabhängig von dem Ausgang der Bundestagswahl im Herbst steht jetzt schon fest: Die neue Bundesregierung wird in der Klimapolitik sehr schnell weitreichende Beschlüsse treffen müssen. Denn die Rahmenbedingungen sind national und international so fest gezurrt, dass sich weitere langjährige Beratungen ausschließen.

Die Herausforderungen sind dramatisch, aber in der öffentlichen Diskussion bislang kaum angekommen. Das Bundesverfassungsgericht hat zu Recht angemahnt, dass man die „unangenehmen“ Entscheidungen, also solche, die die Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger einschränken, nicht einfach nach hinten verlagern darf, so dass künftige Generationen dann kompensieren müssen, was in der Gegenwart versäumt wird.

Sehr weitreichende klimapolitische Vorgaben für die kommenden 10 Jahre

Die Entwicklung hat durch nationale und internationale Festlegungen klare Vorgaben. Die zentrale Rahmenvorgabe in der EU, im Green Deal, lautet: Gegenüber 1990 soll die Reduktion von CO2 2030 55 % betragen. 2019 betrug sie 24 % Das heißt, in 10 Jahren soll mehr eingespart werden als in den 30 Jahren zuvor.

Die Rahmenbedingungen in Deutschland sind nun im Klimaschutzgesetz festgelegt, sie sollen aber nach der Intervention des Bundesverfassungsgerichts deutlich verschärft werden: Gegenüber 1990 (1251 Mio T CO2) soll die Reduktion 2030 nicht mehr 55 % sondern 65% betragen(438 Mio T CO2). 2019 betrug sie 35,7 % (805 Mio T CO2). Auch hier: in 10 Jahren soll fast so viel eingespart werden wie in den 30 Jahren zuvor.

Die Reduktionsgeschwindigkeit soll in den kommenden vier Jahren also 3 mal größer sein als die Geschwindigkeit in den letzten 30 Jahren. Dabei nehmen die Schwierigkeiten der Einsparungen zu. So konnten nach 1990 in Deutschland etliche Braunkohlekraftwerke der ehemaligen DDR geschlossen und durch modernere Kraftwerke ersetzt. Diese Reduktion ist Teil der bisherigen Bilanz. Allgemein gilt: Je mehr schon reduziert wurde, desto schwieriger werden weitere Schritte in Richtung Reduktion.

Ein Blick zurück: Was hat den bisherigen Weg bestimmt?

Das Thema des Klimaschutzes ist weder neu noch überraschend. Das macht es möglich, einen Blick zurück zu werfen, zuschauen, was in den letzten Jahren möglich war, wie die Entwicklung verlief. Ein Meilenstein war die UN Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992. Dort wurde die Agenda 21 beschlossen, die weitreichende Wirkungen in den öffentlichen  Debatten der 90er Jahre hatte. Nach 1998 hat in Deutschland die rot-grüne Bundesregierung weitreichende Beschlüsse gefasst, etwa im Jahr 2000 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), ein Förderinstrument für den Ausbau regenerativer Energien. Weiterhin wurden viele weitere Maßnahmen getroffen, so auch Anreize für die Reduktion des Energieverbrauchs.

Diese Maßnahmen haben durchaus eine Wirkung erzeugt: Der CO2 Ausstoß ist in Deutschland ja um mehr als ein Drittel zurückgegangen. Doch reichen die Geschwindigkeit und die Maßnahmen in keiner Weise, um die kommenden 10 Jahre zu gestalten.

Die Grenzen von technischen Lösungen

Der wahrscheinlich entscheidende Faktor ist eine starke Konzentration auf technische Innovationen. Die Reduktionen waren vielfach durch neue und alternative Technologien möglich gemacht worden. Aber kulturelle Veränderungen, das heißt auch die Veränderung im Verhalten der Menschen war sehr begrenzt. Im Gegenteil, man muss wohl von gegensätzlichen, einander widersprechenden Entwicklungen reden. Denn auf der einen Seite wurden etwa die Motoren in Automobilen immer effizienter. Auf der anderen Seite nahm das Gewicht der Automobile immer mehr zu. So genannte „Rebound“- Effekte sind nicht zu unterschätzen. Eine Reduktion durch effizientere Technik wird möglich, aber das erhöht die kulturelle Bereitschaft, die Technik vermehrt einzusetzen, was dann den Spareffekt wieder auffrisst.

Kulturelle Fehlentwicklungen der letzten 30 Jahre

3 Beispiele aus den Entwicklungen der letzten 30 Jahren machen diese zerstörerischen kulturellen und sozialen Tendenzen besonders deutlich: 1. Die Entwicklung der so genannten SUVs. Diese deutlich schwereren Automobile sind bis heute besonders beliebt, das meiste Geld verdient die Autoindustrie durch sie. Sie bewegen aber absurd viel Gewicht, um einen menschlichen Körper von A nach B zu fahren. 2. Die sehr preiswerten Flugtickets. Ebenfalls in diese Zeit fällt die drastische Ausweitung des weltweiten Flugverkehrs. Dazu gehören viele Fernreisen und Wochenendtrips innerhalb Europas. 3. Die Angebote für Kreuzfahrten. Auch hier wird sehr viel Energie aufgewendet, um einigen Menschen einen angenehmen, ortsungebundenen Urlaub zu ermöglichen. Die schwierigen sozialen Bedingungen sind bei der schlechten Öko-Bilanz noch gar nicht berücksichtigt.

All dies weist auf die größte Herausforderung der kommenden Zeit. Auf der einen Seite müssen technische Innovationen weiter vorangetrieben werden. Auf der anderen Seite aber sind tiefgreifende kulturelle Veränderungen, also Veränderungen der Verhaltensweisen in der Breite der Bevölkerung unumgänglich. Hier ist die politische und gesellschaftliche Herausforderung noch deutlich größer.

Die kulturellen Herausforderungen der Zukunft

Der ehemalige Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, Uwe Schneidewind, hat in seinem Buch „Die große Transformation“ 7 thematische Cluster, sogenannte Arenen identifiziert, in denen ein gravierender Wandel notwendig ist. Allein vier dieser Arenen zeigen, wie tiefgreifend der Eingriff in Alltagspraktiken und kulturelles Selbstverständnis sein wird. Er fordert eine Wende im Konsum, eine Wende in der Mobilität, eine Wende in der Ernährung und eine Wende in der Energieproduktion. Konsumartikel sind heute durch die globalen Märkte sehr preiswert, aber oft energieintensiv in Produktion und Verteilung. Das betrifft Geräte, Kleidung, Möbel. Die Mobilitätskultur muss sich von der Automobilzentrierung abwenden und eine „massive Verkehrsreduktion“ anstreben. Die Ernährung muss von lieb gewonnenen Bequemlichkeiten (Tiefkühlkost) und kulturell tief liegenden Präferenzen (Fleischkonsum) Abstand nehmen. Die notwendige Wende in der Energiepolitik wird die erneuerbaren Energien drastisch ausbauen müssen, auch die letzten Atomkraftwerke sind zu kompensieren. Windkraftanlagen werden in den vielen Landschaften zu erdulden sein.

Ein Wandel der ganzen Gesellschaft ist notwendig

Nun zeigt eine sehr grobe Abschätzung, welche Bereitschaft und aber auch welche Widerstände in der gegenwärtigen Gesellschaft zu erwarten sind. Nach Andreas Reckwitz können in unserer Gesellschaft drei Schichten/Klassen unterschieden werden: Die Oberschicht und neue akademische Mittelschicht einerseits, die alte Mittelschicht etwa auch der Handwerksberufe andererseits, schließlich die prekäre Schicht am unteren Ende der Gesellschaft. Diese grobe Abschätzung soll weiterhin einmal annehmen, dass die Menschen, die dem Potential von 30% Grünen-Wähler zugehören, die kulturellen Veränderungen begrüßen und aktiv begleiten. Sie werden sich etwa in gleichen Teilen den beiden oberen Schichten zugehörig sein. Dann zeigt sich, wie große die Anteile der Bevölkerung sind, die noch gewonnen werden müssen. Da ist ein Anteil der Oberschicht, der sich bei allen CO2 Preisen freikaufen kann. Und da ist ein Teil der alten Mittelschicht und die prekäre Unterschicht, die Steuerungen über Preise massiv ausgesetzt sein werden.

Die kulturelle und soziale Herausforderung

In dieser Ausgangslage im Jahre 2021 stecken sozialpolitischer Sprengstoff und eine dramatische kulturelle Herausforderung. Eine der großen Fragen wird sein, ob es gelingt, weite Bevölkerungskreise über den Kreis der schon Überzeugten für einen klimabedingten kulturellen Wandel zu gewinnen. Hierauf werden sich viele zivilgesellschaftliche Kräfte und Anstrengungen konzentrieren müssen. Der Wandel, der durch äußere Vorgaben jetzt festgeschrieben ist und der nicht mehr im Belieben von politischen Akteuren steht, ist notwendigerweise ein Wandel, den die Zivilgesellschaft im Ganzen gestalten muss. Ein rein staatliches Handeln, eine Ersetzung von Technologien werden nicht ausreichen. Es geht darum, neue Bilder für gelingendes Leben im Alltag zu entwickeln. Eine entscheidende Rolle werden dabei die Formen der sozialen Verbundenheit spielen, die Entwicklung muss als kultureller auch ein sozialer Prozess sein.

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